Pfarrkirche St. Erhard und Kartoffelanbau

Pfarrkirche St. Erhard
Die im oberfränkischen Pilgramsreuth bei Rehau gelegene Pfarrkirche St. Erhard ist eine gotische Kirche mit prächtiger barocker Ausstattung, deren Ursprung bis ins Jahr 1308 zurückreicht. Der Bau des Langhauses wurde 1473 beendet und viele der Wandfresken einschließlich des Volto Santo mit dem Spielmannswunder stammen aus dieser Zeit. Weiterhin besitzt die Kirche einen Altar von 1710 mit der Darstellung des Abendmahls und die Moseskanzel des Bildhauers Elias Räntz aus dem Jahr 1684. Die Emporenbrüstungen sind mit 76 gemalten biblischen Szenen geschmückt. Weitere wertvolle Ausstattungsstücke sind eine gotische Sakramentsnische, ein Taufstein aus dem 15. Jahrhundert, ein Pfarrstuhl von 1692, mehrere spätgotische Holzfiguren und Grabplatten von 1717/18.
Eine sehr beliebte Marienwallfahrt zu einer gotischen Marienstatue zog die Gläubigen über Jahrhunderte an und sorgte für die Finanzierung dieser prachtvollen Kirche im kleinen Dorf Pilgramsreuth. Aufgrund ihrer guten Akustik wird die Kirche gerne für Konzerte wie die seit 1974 jährlich stattfindenden „Pilgramsreuther Kirchenkonzerte“ genutzt.

Erster planmäßiger Kartoffelanbau in Deutschland
Im Jahr 1990 wurde im Kirchhof von St. Erhard das Kartoffeldenkmal enthüllt. Es stellt zur Erinnerung daran, dass in Pilgramsreuth der erste systematische Anbau von Kartoffeln in Deutschland stattfand, einen stehenden Bauern mit Grabwerkzeug und eine kniende Bäuerin mit Kartoffelkorb dar.
Auch wenn der Kartoffelanbau in Deutschland oftmals mit König Friedrich II. von Preußen, dem „Alten Fritz“, und dessen Kartoffelbefehlen seit 1746 verbunden wird, so begann das Zeitalter der Kartoffel in Deutschland doch bereits 100 Jahre früher in Pilgramsreuth. Der Grund dafür war nicht etwa eine Hungersnot, auch wenn Kartoffeln wichtig waren im Kampf gegen den Hunger. Die Bauern in Pilgramsreuth wollten vielmehr Steuern sparen und den Zehnt, die Naturalienabgabe an den Dorfpfarrer, umgehen. Im Zehntregister waren alle landwirtschaftlichen Produkte aufgeführt, für die Zehnt zu entrichten war. Da Kartoffeln im Mittelalter, der Entstehungszeit der Zehntregister, in Deutschland nicht bekannt waren und daher auch nicht angebaut wurden, tauchten sie dort auch nicht auf und waren somit abgabenfrei. Der Streit über den Zehnt auf Kartoffeln führte am 3. Februar 1696 zu einem Prozess vor dem Landgericht in Hof zwischen dem Dorfpfarrer Keppel und den Pilgramsreuther Bauern. Aus diesen erhaltenen Gerichtsakten geht hervor, dass der regelmäßige Kartoffelanbau in Pilgramsreuth ab etwa 1647 begann. So war es vermutlich der Bauer Hans Rogler, der die Erdäpfel aus dem böhmischen Roßbach von einem Verwandtenbesuch mitbrachte. Möglicherweise war es ein in Roßbach einquartierter holländischer Offizier, der die Kartoffel dort bekannt machte. 1698 kam es schließlich zu einem Vergleich mit dem Ortspfarrer Keppel, in dem sich die Pilgramsreuther Bauern verpflichteten, den Kartoffelanbau in großem Stil einzustellen. Nach dem Tod des Pfarrers Keppel 1717 informierten die Pilgramsreuther Bauern seinen Nachfolger nicht über den geschlossenen Vergleich und bauten wieder Kartoffeln an. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Kartoffel dann auch ins Zehntregister aufgenommen und mit Abgaben belegt.

Den Prozessakten und weiteren Recherchen der Heimatforscher F.W. Singer und Max Wirsing verdanken wir, dass die Geschichte des ersten bekannten großflächigen Kartoffelanbaus in Deutschland so gut dokumentiert ist. Die Stadt Rehau, zu der Pilgramsreuth heute gehört, zeichnet seit 1998 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mit der „Goldenen Kartoffel“ aus. Erster Preisträger war der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber.