Goldschläger

Kurze Geschichte des Goldhandwerks
Gold gehört sei jeher für die Menschheit zu den faszinierendsten und beständigsten Elementen. Bereits vor über 5000 Jahren verarbeitete man es handwerklich; erste Belege dafür stammen aus Indien. 2000 Jahre später wurden in Ägypten Figuren von Göttern und die Sarkophage der Pharaonen vergoldet. Schon damals war man im Land der Pyramiden in der Lage, das Gold auf eine Stärke von 0,001 Millimeter Stärke zu bearbeiten.

Seitdem ist der Herstellungsprozess von Blattgold nahezu unverändert. Viele Versuche wurden im Laufe der Zeit unternommen, den Vorgang durch Anlagen und Maschinen zu vereinfachen. Stellvertretend sei hier Leonardo da Vinci genannt. Doch bis heute ist die menschliche Komponente in Form des handwerklichen Feingefühls eines Goldschlägers unerlässlich. Diese Tätigkeit ist jedoch heutzutage fast ausgestorben.

Schlag auf Schlag: Die Arbeitsschritte
Im ersten Arbeitsschritt schmilzt man das Gold ein. Dabei gibt der Goldschläger entweder Silber oder Kupfer hinzu. Damit beeinflusst man die Farbigkeit des Goldes: Durch Silber wird es heller, durch Kupfer rötlicher. Nach dem Abkühlen des legierten – also gemischten – Goldes walzt man den Goldbarren aus. Dies macht man solange, bis er zu einem goldenen Band geworden ist. Die Dicke sollte hier etwa die von Zeitungspapier erreicht haben.

Nun schneidet man kleine Quadrate aus dem Band. Anschließend schlägt man die kleinen Blättchen in mehreren Arbeitsschritten mit verschiedenen Hämmern immer dünner. Zu Beginn legt man abwechselnd zirka 600 Blatt Papier und Goldblätter in einer sogenannten Schlagform übereinander. Mittels zwei verschiedener Hämmer klopft man die Blätter nacheinander auf eine Stärke von etwa einem 900stel Millimeter.

In die letzte Schlagform, der Dünnschlagform, packt man zwischen 2.000 und 2.500 Goldblättchen. Nun folgt ein längerer Prozess: Fast dreitausendmal hämmert der Goldschläger auf das Material ein. Über mehrere Stunden entsteht das fertige Blattgold. Von diesem ergeben 10.000 Blättchen eine Stärke von einem Millimeter.

Goldschlägermetropole Schwabach
Über die Mönche findet die Goldverarbeitung im frühen Mittelalter seinen Weg nach Deutschland, erst vor ca. 500 Jahren wurde es zur Handwerkskunst: Recht zügig etablierte sich hierzulande die Stadt Schwabach (Mittelfranken) als eine Goldhandwerks-Hochburg. Die Stadt ist in einem Sandkessel mit niedriger Luftfeuchtigkeit gelegen. Das ist sehr gut beim Handwerksprozess, andernfalls würde das Material kleben. Eine andere Erklärung dafür, dass Schwabach als Goldschlägerstadt bekannt ist: Die Nürnberger Zünfte hatten ein sehr strenges Regelwerk und die Gesellen zogen deswegen nach Schwabach.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts reifte der Ort vor den Türen Nürnbergs sogar zum Goldschläger-Zentrum der ganzen Welt: Rund 40 Prozent der weltweiten Produktion kamen von dort. Mitte der 20er Jahre gab es in 130 Handwerksbetrieben etwa 1500 Beschäftigte – und dies bei einer Einwohnerzahl von 10.000. Heute existieren in Schwabach immerhin noch fünf Goldschlägerwerkstätten – trotz harter asiatischer Konkurrenz. Die Konzentration an einem Ort ist in Europa einzigartig, ebenso die Tatsache, dass dort viele Tonnen Blattgold pro Jahr hergestellt werden.

Mittelfranken glänzt weltweit
Verwendung findet das hauchdünne Edelmetall vor allem bei der Restaurierung von Bilderrahmen und Heiligenstatuen sowie von Klöstern und Schlössern. Der überwiegende Teil des Blattgoldes geht dabei ins Ausland. Man kann etwa am Royal Clock Tower in Mekka die Goldblättchen aus Franken finden.

Doch auch hierzulande ist das Blattgold glänzend sichtbar: Als man vor einigen Jahren das Dresdner Denkmal „Goldener Reiter“ (ein Reiterstandbild von August des Starken) restaurierte, kam Blattgold zum Einsatz. Ebenso spannend: Die Statue der Viktoria auf der berühmten Berliner Siegessäule erhielt bei der Restaurierung (2011) einen goldenen Schwabacher Überzug.

Aber auch das Rathausdach in Schwabach, das man 2001 sanierte, bekam eine beeindruckende Blattgold-Behandlung.