Rottaler Pferd (Equus ferus caballus)

Das Rottaler Pferd zählt zu den nachweislich ältesten Pferderassen in Deutschland. Die Entstehung der Rasse kann bis in das 9. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Seinen Namen hat die Pferderasse durch ihren Ursprung im Ort Rottal, Niederbayern. Als die Ungarn im Jahr 909 ins Rottal einfielen, wurden sie vernichtend geschlagen. Die Bauern sollen daraufhin aus den Pferden der bezwungenen Angreifer Rottaler gezogen haben. Diese ungarischen Beutepferde mit arabischer Blutführung bildeten somit die Grundlage für die Zucht in Rottal.
Herzog Albrecht IV. ließ im Jahr 1558 erstmals auserlesene Zuchthengste im Land verteilen, die auch für Bauern von Nutzen sein sollten. Damit wurde die Veredelung der früheren Landrasse angestrebt. Bis zu den Napoleonischen Kriegen bestand etwa ein Drittel der bayerischen Pferde aus Rottalern.

Die Einsatzgebiete des Rottaler Pferdes waren groß, Bauern konnten sie in allen Bereichen einsetzen. Sie galten als ausdauernde und schnelle Pferde, die aufgrund ihres ruhigen und gelassenen Wesens nicht nur als Kutsch- oder Reitpferde eingesetzt wurden, sondern auch als Militärpferde hoch geschätzt waren. Daher stellte die Rottaler Rasse bis in die 50er Jahre die bedeutendste Warmblutpopulation Bayerns dar.
Es gab hohe Anforderungen an das Rottaler Pferd – auf der einen Seite sollte es als Artilleriepferd kräftig gebaut sein, auf der anderen Seite sollte es aber auch „edel“ sein. Denn unedle Pferde konnten die Anforderungen, die von der Artillerie verlangt wurden, wie z.B. rasche Gangarten, langes Durchhalten oder geringe Rauhfuttermengen, nicht erfüllen. Des Weiteren musste jedes Nachwuchs-Pferd zur Dressur geeignet sein, unabhängig davon, ob es zum Kavallerie- oder Artilleriedienst bestimmt war. Durch diese speziellen Anpassungskriterien und die fruchtbaren Weiden auf denen es gezüchtet wurde, entwickelte sich der Rottaler zu einem besonderen Pferd, das sich durch seine gute Umgänglichkeit, Leichtfuttrigkeit, Fügsamkeit, sowie seine Langlebigkeit auszeichnete.
Weiterhin wurden in Niederbayern im 19. Jahrhundert die ersten Trabrennen mit Rottaler Pferden veranstaltet. Zu Beginn fanden die Rennen noch allein mit einem Reiter statt, später wurde dazu ein einachsiges Pferdefuhrwerk, der sogenannte Sulky, verwendet. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Rottaler mit Oldenburger Hengsten gekreuzt, wodurch sie mehr Kraft und Masse erhalten sollten. Dies wurde aufgrund der immer schwerer werdenden landwirtschaftlichen Geräte gemacht. Darüberhinaus wurde zu dieser Zeit beschlossen, die Pferde strikten Zuchtkriterien zu unterziehen. 1896 entstand dazu eine erste Trabrennbahn in Pfarrkirchen, woraufhin weitere folgten. Dies war der erste Zeitpunkt, an dem Leistungsprüfungen an Warmblütern in Deutschland stattfanden.

Im Jahr 1963 begann man damit ein Bayerisches Warmblut zu züchten, wodurch die Rottaler Rasse kurz vor dem Aus stand. Schuld daran war die Umstellung, durch den Bayerischen Zuchtverband, vom warmblütigen Wirtschaftspferd zu einem reinen Sport- und Turnierpferd. Auch das Brandzeichen der Rottaler wurde zugunsten des Bayernbrandes geändert – von einem „R“ zu einem „B“. Ab diesem Zeitpunkt ist der Rottaler fast komplett aus den Zuchtbüchern verschwunden.
Dies hatte zur Folge, dass das Rottaler Pferd seit vielen Jahren auf der Roten Liste zur Erhaltung gefährdeter Rassen steht und es wird in die Kategorie I, extrem gefährdet, eingestuft.

Der Rottaler hat einen guten Charakter und weist eine hohe Vielseitigkeit auf, wodurch er sich hervorragend für Anfänger oder Kinder eignet. Aufgrund seines ausgeglichenen Temperaments kann er ebenfalls sehr gut als Familienpferd eingesetzt werden.
Das Stockmaß dieser Rasse liegt bei etwa 160 bis 165 cm.
Laut dem Zuchtziel für Rottaler sollen vor allem die Grundfarben oder klare Farben vorkommen. Abzeichen hingegen sind nicht so gerne gesehen. Vornehmlich handelt es sich um braune Tiere, ohne auffällige Abzeichen am Kopf oder an den Beinen. Andere gedeckte Fellfarben, wie beispielsweise Rappen, können vorkommen und dürfen zur Zucht eingesetzt werden, sind aber deutlich seltener.

Auszeichnen tut sich das Rottaler Pferd durch seinen weit ausgreifenden, energischen und schwungvollen Gang. Außerdem besitzt es gut ausgeprägte Gelenke, einen edlen, aber breiten Kopf, sowie eine breit angelegte Brust und eine kräftig bemuskelte, harmonische Kruppe.