Waldspitzmaus (Sorex araneus)

Die Waldspitzmaus ist unter den heimischen Spitzmausarten die unangefochtene Nummer Eins. Aber nicht nur bei uns ist sie so stark vertreten. Ihr natürlicher Lebensraum reicht von den gemäßigten Klimazonen Europas (ausgenommen Irland) in einem breiten Gürtel bis nach Japan.
Mit Vorliebe bewohnen sie feucht-kühle Lebensräume, die ihnen dichte Vegetationen und mineralstoffreiche Böden bieten. Um stabile Gänge graben zu können, wird ein lehmreicher Boden von ihr bevorzugt. Außerdem findet sie dort ausreichende Mengen an Regenwürmern, die für die Waldspitzmaus das wichtigste Beutetier sind. Das von ihr besiedelte Gebiet kann durch Populationsdichte, Lebensraumbeschaffenheit, Alter und Jahreszeit bedingt, zwischen 90 und 2.800 qm groß sein.


Die Waldspitzmaus baut ihren Bau nicht nur selbst, sondern sie nutzt auch verlassene Bauten von anderen Kleinsäugern wie der Waldmaus (Apodemus sylvaticus) oder der Rötelmaus (Myodes glareolus). Diese Bauten können weit verzweigt sein und Tunnelsysteme bis zu 13 m Länge aufweisen. Innerhalb dieser Tunnel gibt es neben einiger Vorratskammern, zwei Nestkammern und mehreren Eingängen, auch Sackgassen, die mögliche Eindringlinge verwirren sollen. Neben den Tunneln im Bau legt die Waldspitzmaus auch ausgedehnte oberirdische Laufwege an, die das ganze Revier durchziehen. Diese Laufwege dienen zum einen der Futtersuche, zum anderen aber auch den Männchen, um paarungsbereite Weibchen zu finden.

Der Tag und die Nacht einer Waldspitzmaus ist in bis zu 15 Aktivitätsperioden aufgegliedert, die nur durch wenige minutenlange Ruhepausen unterbrochen werden. An dieser „Unruhe“ ist ihr erhöhter Stoffwechsel schuld, der es auch erfordert, dass die Waldspitzmaus alle 70 Minuten etwas fressen muss. Ihre Hauptaktivitätszeiten liegen in den Morgenstunden, in den frühen Nachmittagsstunden und in der Nacht zwischen 20 Uhr und 4 Uhr. In diesen Zeiten befindet sich die Waldspitzmaus ständig auf der Suche nach bodenbewohnenden Arten wie Schnecken, Insekten, kleinen Fröschen oder Nestlingen der Feldmaus. Auch kann es vorkommen, dass sie die Kadaver anderer Mäusearten frisst. Der pflanzliche Anteil an Nahrung schwankt mit der Jahreszeit und dem vorkommenden Angebot an Früchten und Samen.

Die Paarungszeit der Waldspitzmaus beginnt im März/April und endet im September. In diesem Zeitraum kann das Weibchen zwei bis drei Mal im Jahr, nach einer Tragzeit von ca. 25 Tagen, bis zu 11 Junge zur Welt bringen. Innerhalb dieser Paarungszeiten ist das Weibchen aber nur für jeweils 2 Stunden paarungsbereit und duldet ansonsten kein Männchen neben sich. Das Nest wird aus diesem Grund vom Weibchen alleine gebaut und in der Nähe potenzieller Nahrungsquellen errichtet. Dies reduziert die Laufwege und verhindert, dass die Jungen, während die Mutter auf Nahrungssuche ist, zu lange alleine sind, auskühlen oder Fressfeinden ungeschützt zum Opfer fallen. Das Nest hat eine Kuppelform und ist um einiges größer als die restlichen Kammern im Bau. Die bei der Geburt nackten, jungen Waldspitzmäuse bekommen ihr Fell nach neun Tagen und erst drei Wochen später öffnen sie ihre Augen. Dies passiert kurz bevor die Jungen das Nest und den Familienverband verlassen müssen. Jungtiere, die den Bau nicht zu diesem Zeitpunkt verlassen wollen, werden von der Mutter vertrieben.



Die Waldspitzmaus kann bis zu 85 mm groß werden, wobei die Schwanzlänge von bis zu 50 mm nicht mitgerechnet ist. Das sommerliche Gewicht von 7 g bis 15 g geht im Winter durch Gewichtsreduzierung einiger Organe (z.B. Milz und Niere) und der Reduzierung der Knochensubstanz zurück. Diese Gewichtsreduzierung nennt man „Dehnels Phänomen“.


Das Fell der Waldspitzmaus ist dreifarbig mit einem braun-schwarzen Rücken, grauer Bauchunterseite und hellen Flanken. Neben den kleinen Augen, die vorwiegend zur Hell und Dunkel Unterscheidung dienen, sind auch die Ohren klein und im Fell versteckt. Für die Kommunikation stehen der Waldspitzmaus bis zu 15 verschiedene Laute zur Verfügung, die sie untereinander, je nach Bedürfnis, kombinieren kann. Darüber hinaus, verfügt die Waldspitzmaus über eine Echo-Ortung. Diese reicht allerdings nur zur Orientierung, nicht zum Auffinden von Beutetieren.