Einst besiedelten Wisente große Teile Europas. Lediglich zu den äußersten nördlichen und südlichen Grenzen des Kontinents drangen sie nicht vor. Die Geschichte des Wisent ist bis heute geprägt vom Verlust seines natürlichen Lebensraums durch klimatische Veränderungen. Einen noch größeren Anteil am Lebensraumverlust hatte jedoch der Mensch. Durch Wilderei hätte der Mensch dieses majestätische Tier beinahe vollständig ausgerottet.
Der Wisent (Bos bonasus) oder Europäisches Bison, zählt zu den Rindern (Bovini) und ist das größte und schwerste Landsäugetier Europas. Er ist zugleich das letzte Wildrind des europäischen Kontinents. Die an Graslandschaften, Misch- und Laubwälder angepassten Tiere, fanden in Europa ideale Nahrungs- und Lebensbedingungen vor. Sie ernähren sich hauptsächlich von Gräsern und Kräutern, zu einem geringen Teil auch von Laub und Rinde, dies aber vor allem im Winter und im Frühjahr.
Während die Männchen als Einzelgänger leben, schließen sich Weibchen und Jungtiere zu Herden von ca. 20 Tieren zusammen, welche von einer Leitkuh angeführt werden. Nur während der Paarungszeit, von Juli bis September, und während des Winters, schließen sich die Bullen ebenfalls den Herden an. Die Tiere werden nach 3-4 Jahren geschlechtsreif. Die Tragezeit beträgt etwa neun Monate nach der Paarungszeit im Sommer. Ein gesunder Wisentbulle kann bis zu 20 Jahre alt werden, wobei eine Wisentkuh auch 25 Jahre erreichen kann.
Ein freilebender Wisentbulle kann über 800 kg schwer werden, während Kühe bis zu 500 kg wiegen können. Kennzeichnend ist die enorme Widerristhöhe von 1,90 m bis 2 m beim Bullen und seine Körperlänge von ca. 3m. Innerhalb der Ordnung der Paarhufer ist der Wisent ein Hornträger, wobei die nach innen gekrümmten Hörner im Vergleich zum Körperbau klein ausfallen. Das Fell der Wisente ist dunkelbraun, manchmal mit rötlichen und/oder grauen Einschlägen. Deutlich länger als das restliche Fell, ist das Fell an Kehle, Brust und Schwanz. Während amerikanische Bisons einen längeren Bart haben, ist dieser beim europäischen Bison in der Länge kaum vom Brusthaar zu unterscheiden.
Die dokumentierte Verbreitung der Wisente reichte einst von West- bis Osteuropa. Die letzten Wisente in Freiheit lebten in Polen und im Kaukasus, wurden jedoch in den 1920er Jahren von Wilderern getötet. Nur Dank in Zoos und Gehegen lebenden Tieren, war die Rasse nicht gänzlich ausgestorben und konnte wieder nachgezüchtet werden. Alle reinrassigen Wisente werden in einem Zuchtbuch erfasst, welches im polnischen Białowieża geführt wird. Bei den aufwendigen Nachzuchtprogrammen musste jedoch sowohl auf reinrassige Tiere geachtet werden, die noch nicht mit amerikanischen Bisons gekreuzt wurden, als auch auf die genetische Vielfalt, soweit dies bei nur ca. 50 ursprünglich verbliebenen Tieren möglich war.
In den 1950er Jahren wurden schließlich in Polen die ersten Herden wieder in Freiheit angesiedelt. Dort, sowie im Kaukasus, gibt es bis heute erfolgreich ausgewilderte Herden. Seit 1996 existiert ein europäisches Erhaltungszuchtprogramm, welches die in Gehegen und Zoos lebenden Nachzuchten koordiniert.
Im bayerischen Donaumoos wird derzeit, mit Unterstützung des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums, getestet, in wie weit sich Wisente zur Beweidung naturnaher Grünflächen und insbesondere Niedermoorflächen eignen. Die dort in Gehegen lebenden zwei Wisentherden umfassen 28 Tiere und sind Teil des europäischen Zuchtprogramms.
Ob Wisentherden jemals wieder frei durch Bayern ziehen werden, ist derzeit mangels verfügbarem Lebensraum unklar. Angst davor muss niemand haben. Freilebende Tiere gelten als äusserst scheu und fliehen vor dem Menschen anstatt ihn anzugreifen. Respekt sollte man vor den mächtigen Wildtieren dennoch haben. Wird ein Tier vom Mensch überrascht und man kommt ihm versehentlich zu Nahe, sollte man auf Distanz gehen, denn auf kurzen Strecken kann der Wisent eine Geschwindigkeit von bis zu 60 Stundenkilometern erreichen. Die Drohgebärden des Wisent, vor einem Angriff, sind durch starkes Kopfschütteln, Schwanzwedeln und Scharren mit den Vorderhufen allerdings unmissverständlich.