Berg-Alpenglöckchen (Soldanella montana)

Das Berg-Alpenglöckchen aus der Familie der Primelgewächse (Primulaceae) ist einer der ersten Frühlingsboten und wird auch als Bergglöckchen, Fransenblume, Berg-Troddelblume, Wald-Soldanelle oder Berg-Soldanelle bezeichnet. Zu unterscheiden ist das Berg-Alpenglöckchen vom Gewöhnlichen Alpenglöckchen (Soldanella alpina; auch Alpen-Soldanelle), welches in Deutschland nicht heimisch ist und beispielsweise in den österreichischen Alpen vorkommt. Der botanische Name Soldanella leitet sich vom lateinischen solidus ab, einem kleinen Geldstück. Die Form der Blätter erinnert an den solidus, von dem auch das deutsche Wort Sold herrührt. Montana stammt vom lateinischen Wort montanus für Berg ab.

Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Das Berg-Alpenglöckchen wächst in Deutschland ausschließlich in Bayern, wobei das Hauptverbreitungsgebiet der Bayerische Wald ist. Weitere Vorkommen gibt es im Alpenvorland (Isarwinkel in Oberbayern). Das Berg-Alpenglöckchen kommt in Höhenlagen zwischen 500 und 1500 Metern vor. Es bevorzugt feuchte bis nasse Standorte in lichten Laub- und Nadelwäldern, Waldwiesen oder Hoch- und Zwischenmooren. Das Berg-Alpenglöckchen gedeiht auf nährstoffarmen, sauren und bemoosten Rohhumusböden und bildet bodendeckende Pflanzenpolster. Trockenheit und salzigen Untergrund mag das Berg-Alpenglöckchen nicht, dafür liebt es Halbschatten.

Beschreibung
Das Berg-Alpenglöckchen ist eine winterharte Frühlingsblume, die als immergrüne mehrjährige Staude gedeiht. Sie verfügt über einen kriechenden Wurzelstock, aus dem die Blütenstängel in der Regel 10 cm bis 20 cm, in Ausnahmefällen bis zu 35 cm in die Höhe wachsen. An jedem Blütenstiel befinden sich in der Blütezeit von April bis Juni zwischen 3 und 10 blau-violette Blüten. Die glockenförmigen, aus fünf miteinander verwachsenen Blütenblättern bestehenden Blüten sind fein gefranst. Die dunkelgrünen, ledrigen Blätter sind bis zu 7 cm breit, leicht gekerbt und besitzen eine runde bis nierenartige Form. Aus befruchteten Blüten entstehen Kapselfrüchte, über welche die Vermehrung erfolgt. Als Hemikryptophyt bildet die Pflanze nahe der Erdoberfläche Überwinterungsknospen. Die Blätter werden im Herbst nicht abgeworfen, sie werden im Frühjahr aber neu gebildet. Das Berg-Alpenglöckchen steht laut Bundes-Artenschutzverordnung unter besonderem Schutz. Zuchtformen sind im Gartenhandel erhältlich und eignen sich sehr gut für Steingärten.

Das Wunder des Wachstums durch die Schneedecke
Wie alle Soldanellen-Arten, so blüht auch das Berg-Alpenglöckchen bereits während der Schneeschmelze im zeitigen Frühjahr. Die Pflanze bildet bereits unter Schnee Blätter und Knospen und durchstößt dann die Schneedecke. Bei Sonneneinstrahlung erwärmen sich die dunkelgrünen Blätter und die blau-violetten Knospen, so daß der Schnee in der Nähe der Pflanze schneller schmilzt. Da bei Temperaturen um den Gefrierpunkt Pflanzenwachstum durch Zellteilung nicht funktioniert, haben die Soldanellen eine Methode entwickelt, ihre Zellen zu strecken anstatt sie zu vermehren. Die Zellen des Pflanzenstängels werden hierbei um das vierfache in die Länge gezogen. Weiterhin haben die Soldanellen in ihren Zellen Lignin eingelagert. Lignin ist ein Holzstoff und verstärkt den Blütenstängel, damit dieser beim Durchbohren der Schneedecke stabiler ist. Es ist bis heute noch nicht geklärt, wie die Pflanzen es schaffen, ihre Zellen zu strecken, obwohl das eingelagerte Lignin nicht dehnbar ist.