Weder ist das Berufkraut berufstätig noch wird es bei der Ausübung eines Berufs benötigt. Der Name leitet sich von „berufen“ ab, einem alten Wort für „verhexen“. War jemand verhext worden oder aufgrund eines bösen Zaubers erkrankt, so der Aberglaube, wurde aus Berufkräutern ein Sud gebraut, mit dem der Erkrankte gereinigt wurde und somit die Krankheit auf das Berufkraut überging.
Der botanische Name Erigeron stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus „eri“, was „früh“ bedeutet, nach anderen Angaben aus „erio“ für „wollig“, sowie „geron“ für „Greis“ zusammen. Damit bedeutet der Name entweder „früher Greis“ oder „wolliger Greis“, womit auf das schnelle Verblühen und rasche Entstehen des weißen, pusteblumenähnlichen Pappus angespielt wird.
Als eigene Pflanzengattung aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) wurde Erigeron erstmals 1753 vom schwedischen Naturforscher Carl von Linné in Species Plantarum beschrieben. Die Anzahl der Arten, die der Gattung Erigeron zuzurechnen sind, schwankt je nach Quelle zwischen 200 und 734. Hauptverbreitungsgebiet sind die gemäßigten Gebiete der Nordhalbkugel, insbesondere Nordamerika. In Europa kommen nur 9 Arten natürlich vor. Auch bei uns ist Erigeron verbreitet, wobei es 4 Arten gibt, die innerhalb Deutschlands ausschließlich in Bayern heimisch sind. Die an Gänseblümchen erinnernden Erigeronarten sind alle mehrjährige, immergrüne krautige Pflanzen.
Erigeron neglectus – Verkanntes Berufkraut
Das Verkannte Berufkraut wächst ausschließlich in den Alpen und kommt in Bayern, Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz vor. Es erreicht eine Wuchshöhe zwischen 10 cm und 20 cm, bevorzugte Standorte sind nährstoffarme, dafür aber kalkreiche Geröll- und Felsflächen, alpines Grünland oder Zwergstrauchheiden. An jedem Stängel befindet sich, wie beim Einköpfigen Berufkraut, meist nur eine Blüte, welche aus Zungen-, Röhren- und Fadenblüten besteht. Die Blütezeit liegt zwischen Juli und August, der Blütendurchmesser erreicht mehr als 14 mm. Die Hüllblätter kleiden sich in ein wolliges, weißes Haarkleid. Das Verkannte Berufkraut ist in seinem Bestand gefährdet.
Erigeron uniflorus – Einköpfiges Berufkraut
Im Gegensatz zum Verkannten Berufkraut findet man das Einköpfige (oder Einblütige) Berufkraut auch außerhalb der Alpen, insbesondere in den arktischen Gebieten Europas, Asiens und Nordamerikas. In Deutschland ist das Einköpfige Berufkraut nur in Bayern, insbesondere im Allgäu (beispielsweise am Linkerskopf bis in 2455 m Höhe) und den Berchtesgadener Alpen anzutreffen. An weiteren Standorten wie Schachen, Wendelstein oder Watzmann ist es nur noch sehr vereinzelt zu finden. Das Einköpfige Berufkraut wird, je nach Standort und Wuchsbedingungen, zwichen 3 cm und 20 cm groß. Alpine Steinrasen oder Schutt- und Geröllflächen auf kalkarmem bis kalkfreiem Untergrund sowie helle und sonnige Standorte bieten die besten Lebensbedingungen für Erigeron uniflorus. Seine gestielten grundständigen Rosettenblätter sind ganzrandig, schmal und verkehrt-eiförmig. Am Stängel befinden sich wechselständig angeordnete Laubblätter. Sowohl der Stängel als auch die Blätter verfügen über so gut wie keine Drüsenhaare. Wie der Name schon vermuten lässt, trägt jeder Stängel nur einen einzigen Blütenkopf. Im Gegensatz zum Verkannten Berufkraut fehlen die Fadenblüten, es sind nur weinrote bis lila-weißliche Zungen- und, in Form einer Scheibe, gelbe Röhrenblüten vorhanden. Der Blütendurchmesser beträgt 10 mm bis 15 mm, die grünlichen, gelegentlich auch leicht purpurnen Hüllblätter tragen eine dichte weiße und wollige Behaarung. Die Pflanzen blühen in der Zeit von Juli bis September, nach der Befruchtung bilden sich 2 mm bis 2,3 mm lange , behaarte Früchte, die sogenannten Achänen. Diese sind pusteblumenähnlich mit einem 3 mm bis 4,5 mm langen weißen Pappus ausgestattet. Obwohl das Einköpfige Berufkraut sehr selten ist, besteht laut Roter Liste keine Gefährdung des Bestands.
Erigeron alpinus – Alpen-Berufkraut
Anhand des Namens ist bereits erkennbar, dass das Alpen-Berufkraut in den Alpen heimisch ist. Auf alpinem Steinrasen mit einem nährstoff- und kalkarmen Untergrund fühlt sich die bis -29°C frostharte Pflanze am wohlsten. Die Wuchshöhe variiert standortabhängig stark und liegt zwischen 4 cm und 40 cm. Die verkehrt-eiförmigen bis lanzettlichen Grundblätter wachsen in Form einer Rosette um den Stängel, an dem sich wechselständig angeordnete grüne Laubblätter befinden. Die Anzahl der Blütenköpfe je Stängel beträgt zwichen 1 und 5, es können aber auch bis zu 15 sein. Der Blütenkopf besteht aus roten, violetten oder blaßrosa Zungenblüten, gelben Röhrenblüten in Scheibenform und Fadenblüten. Der Durchmesser des einzelnen Blütenkopfs liegt zwischen 15 mm und 30 mm. Umgeben wird der Blütenkopf von langhaarigen, zugespitzten grünen Hüllblättern. Das Alpen-Berufkraut blüht zwischen Juni und September und bildet 2 mm bis 3 mm lange Achänen, die über einen 3 mm bis 5 mm langen weißen, gelblichen oder rötlichen Pappus verfügen. Obwohl extrem selten, wird das Alpen-Berufkraut auf der Roten Liste nicht als gefährdet eingestuft.
Erigeron atticus – Drüsiges Berufkraut
Das Drüsige Berufkraut kommt in Deutschland nur in den bayerischen Alpen vor. Man findet es auf alpinem Steinrasen, bevorzugt auf nährstoffarmem, dafür aber kalkreichem Untergrund. Das 20 cm bis 60 cm hohe Drüsige Berufkraut bildet buschartige Horste und liebt Standorte mit voller Sonneneinstrahlung. Es besitzt breit-lanzettliche bis eiförmig-längliche Blätter. Diese sind, genauso wie der Stängel, mit klebrigen Drüsenhaaren bedeckt. An jedem Stängel stehen endständig 3 bis 12 Blütenköpfe, die jeweils aus rosa bis purpurnen, gelegentlich aber auch weißen oder blauen Zungenblüten, zu einer Scheibe angeordneten gelblichen bis grünlichen Röhrenblüten und Fadenblüten bestehen. Der Blütenkopfdurchmesser beträgt 2 cm bis 3 cm, die Blütezeit fällt in die Monate Juni bis September. Es gilt als bestandsgefährdet.