Christrose (Helleborus niger)

Die Christrose, zur Gattung der Nieswurze aus der Familie der Hahnenfußgewächse gehörend, ist vielen Menschen als im Winter blühende Gartenpflanze bekannt. Sie ist als Züchtung und Hybridform in Gärtnereien erhältlich und wird unter verschiedenen Bezeichnungen vermarktet. So wird sie oft als Schneerose angeboten, auch die verwandte Lenzrose wird oft mit ihr verwechselt. In diesem Artikel geht es aber ausschließlich um die Wildform der Christrose (Helleborus niger), die auch unter dem Namen Schwarze Nieswurz bekannt ist.

Der Name der Christrose
Das auffälligste an der Christrose ist, daß sie mitten im Winter blüht. Diesem Umstand verdankt sie auch ihren Namen, da sie oftmals zu Weihnachten, also zum Christfest, in voller Blüte steht. Die Bezeichnung als Schwarze Nieswurz rührt von ihrem schwarzen Rhizom (Wurzelknolle) her, dessen Inhaltsstoffe zum Niesen reizen und früher in Schnupftabak verwendet wurden. Der botanische Name Helleborus niger weist auf die Giftigkeit der Pflanze hin. Helleborus stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus „helein“ für „töten“ und „bora“ für „Speise“ zusammen, „niger“ bedeutet auf lateinisch „schwarz“. Somit ist die Christrose eine schwarze tödliche Speise. Regional existieren etliche weitere Namen wie Schneerose, Winterrose, Weihnachtsrose, Schneeblume, Gillwurz, Frangenkraut, Brandwurzel oder Feuerwurzel, wobei es bei den Bezeichnungen keine saubere Abgrenzung zu anderen Helleborusarten gibt.

Vorkommen und Standort
Die Christrose ist im östlichen Alpenraum, im Apennin und im nördlichen Balkan von Tallagen bis in Höhen von rund 2000 Metern anzutreffen. In Deutschland ist sie ausschließlich in den Berchtesgadener Alpen heimisch und wächst hier bis in einer Höhe von 1560 Metern. Der bevorzugte Standort der Christrose hat einen kalkhaltigen Boden und befindet sich im Schutz von Büschen und Bäumen, unter denen das Sonnenlicht im Winter die Erdoberfläche erreicht und die Christrose wärmt. Beliebt sind lichte Bestände von Buchen, Eichen, Bergahornen, Hainbuchen und Haselnusssträuchern. Die abgeworfenen Blätter der Bäume stellen eine hervorragende Schicht aus modrigem Laub und nährstoffreichem Mull dar, in der sich die Christrose sehr gut ernähren kann und prächtig gedeiht. Im Sommer bietet das Blätterdach der Bäume einen guten Schutz gegen Hitze und verhindert zu starke Trockenheit. Staunässe mag die Christrose allerdings auch nicht.

Wurzelknolle und Blätter
Als beständige krautige Pflanze ist die Christrose das ganze Jahr über grün, wird zwischen 10 cm und 30 cm groß und erreicht ein Alter von 20 bis 30 Jahren. Neben dem namensgebenden schwarzen Rhizom sind auch ihre Wurzeln schwarz. Aus dem Rhizom sprießt der rötlich-braune Stängel. Die dunkelgrün glänzenden, fußförmig angeordneten und grundständigen Laubblätter sind langstielig und bestehen aus sieben bis neun einzelnen Abschnitten, die jeweils eine lanzettliche Form mit gezähntem oder ganzrandigem Blattrand haben. Die Blätter fühlen sich ledrig an und schützen sich gerne unter einer Schneedecke. Sie bilden sich im Frühling neu und sterben ab, sobald sich die Blüte entwickelt.

Blüten und Früchte
In Abhängigkeit von Witterung und Standort blüht die Christrose zwischen November und Mai, wobei die Hauptblütezeit von Februar bis April reicht. In der Regel sind die Blütenstängel nicht verzweigt, sodass am Ende jedes Stängels eine große weiße Blüte hängt. Bei verzweigten Stängeln, was gelegentlich vorkommt, können an einem Stängel 2 bis 3 Blüten wachsen. Der Blütendurchmesser liegt zwischen 5 cm und 10 cm. Sobald die Blüten aufgehen, sterben die Laubblätter ab und die fünf eiförmigen Kelchblätter übernehmen die Photosynthese. Auch wenn die Photosyntheseleistung nur bei etwa einem Drittel der Leistung der Laubblätter liegt, ist dies zur Ausbildung von Blüten und Früchten ausreichend.
Die Kelchblätter bilden eine weiße oder leicht rötliche Blütenhülle, die lange bestehen bleibt und sich beim Verblühen grünlich verfärbt. Auf den ersten Blick könnte man sie für die Kronblätter der Blüte halten. Die eigentlichen Kronblätter wiederum sind zu gelben oder gelb-grünen, intensiv duftenden Nektarblättern in Tütenform umgestaltet und produzieren viel Nektar. Die Nektarblätter locken aber nicht nur durch ihren Duft Bienen, Hummeln, Falter und andere Insekten an, sondern sie absorbieren auch UV-Licht, wodurch sie für Bienen und Hummeln, die UV-Licht sehen können, sichtbar werden. Stehen aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse keine Insekten zur Bestäubung zur Verfügung, bleiben die Blütennarben in der Hoffnung auf besseres Wetter lange Zeit befruchtungsfähig. Wenn alles nichts hilft, kann sich die Christrose im Notfall auch noch selbst bestäuben.
Im Frühsommer reifen dann pro Blüte zwischen 3 und 8 Balgfrüchte, die wiederum eine große Menge an Samen enthalten, welche mit einem Ölkörper (Elaiosom) ausgestattet sind. Sobald sich die Nähte der Balgfrüchte im Juni und Juli öffnen, werden die Samen mit dem Wind aus der Fruchtkapsel geweht. Unter günstigen Umständen keimen die Samen dann an Ort und Stelle. Ansonsten tragen Ameisen die Samen mit dem fettreichen Ölkörper als Nahrungsvorrat für den Winter in ihren Bau. Wenn im Frühjahr der Ölkörper weggenascht ist, tragen die Ameisen die gereiften Samen aus dem Bau ins Freie, wo der Samen dann keimen kann. Die fettreichen Ölkörper der Samen schmecken auch Schnecken, die ebenfalls zur Verbreitung der Samen beitragen.

Trick gegen die Kälte
Nach einer frostigen Nacht wirken Christrosen schlapp und leblos. Sie haben aber nur das in den Blättern und Stängeln befindliche Wasser in den Wurzelstock gepumpt, damit der Frost die Zellen der Pflanze nicht sprengen kann. Mit diesem Trick stellen auch frostige -20°C kein Problem dar. Bei steigender Temperatur wird das Wasser wieder in den Zellen der Blätter und im Stängel eingelagert, die Christrose richtet sich auf und blüht weiter.

Gefährdung und Schutz
Die Christrose wird durch die Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt und steht auf der Roten Liste als gefährdete Art. Insbesondere das Ausgraben und Sammeln der Pflanze bedroht ihren Bestand.

Giftigkeit und Heilwirkung
Helleborus niger enthält Saponine, Protoanemonin sowie starke Herzgifte wie Helleborin und Hellebrin, wodurch die Pflanze in allen Teilen, besonders allerdings im schwarzen Rhizom, für Menschen und Tiere stark giftig ist. Hier konzentriert sich das Helleborin, welches bei Aufnahme im Körper zu Vergiftungserscheinungen wie Schwindel, Durchfall, Kreislaufzusammenbruch bis zum Tod durch Atemlähmung führt, ähnlich einer Vergiftung mit Fingerhut (Digitalis). Bei Kontakt mit dem Saft der Christrose reagieren Haut und Schleimhäute mit Entzündungen und Blasenbildung.

In der Antike wurden Helleborusarten als Mittel gegen Wahnsinn verwendet. Man hielt nämlich ein Übermaß an schwarzer Galle für die Ursache des Wahnsinns und wollte diesen durch Niesen heilen. Die Christrose wurde ab dem 18. Jahrhundert als Medikament gegen Herzleiden sowie als harntreibendes Mittel verwendet, wobei auch damals die Giftigkeit und die Gefahr der Überdosierung bekannt waren. Heute gilt die Pflanze aufgrund der Mischung verschiedener Gifte nicht mehr als medizinisch nutzbar, sie findet lediglich in der Homöopathie noch Anwendung als Mittel gegen Depression und Krebsmittel für Männer. Von Selbstmedikation ist aufgrund der starken Giftigkeit der Pflanze dringend abzuraten.

Trivia
Die Christrose hat die Menschen durch ihre Blüte mitten im kalten Winter schon immer fasziniert. Es ranken sich zahlreiche Legenden und Mythen um die Christrose, man glaubte an ihre Heil- und Zauberkräfte gegen Wahnsinn, böse Geister oder die Pest. Sie hat auch Eingang in die Literatur gefunden. Im Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“ handelt es sich um die Christrose, genauso wie beim Heilkraut „Niesmitlust“ aus dem Märchen „Zwerg Nase“ von Wilhelm Hauff. Auch in Selma Lagerlöfs „Legende von der Christrose“ und vielen weiteren Liedern, Gedichten, Märchen und Romanen findet die Christrose Eingang in die Literatur.