Außer in der Antarktis sind Laufkäfer weltweit in allen Lebensräumen zu finden. Es existieren etwa 1500 Gattungen von Laufkäfern mit über 40.000 Arten, wobei es durchaus unter Taxonomen unterschiedliche Ansichten gibt zur genauen Systematik. Die einen zählen beispielsweise Sandlaufkäfer (Cicindelinae), Bombardierkäfer (Brachininae) und Grundkäfer (Omophroninae) zu den Laufkäfern, andere sehen in ihnen eigenständige Familien. Eine Gattung der Laufkäfer sind die Echten Laufkäfer, auch Großlaufkäfer (Carabus) genannt. Zu dieser Gattung zählen weltweit etwa 850 Arten, von denen etwa 100 in Europa vorkommen und von diesen wiederum 33 Arten in Mitteleuropa.
Im Gegensatz zu vielen anderen Arten von Laufkäfern sind die Echten Laufkäfer flugunfähig, weshalb sie ihren Namen zu Recht tragen. Sie gehören unter den Laufkäfern zu den größeren Arten, die europäischen Echten Laufkäfer werden zwischen 13 mm und 40 mm groß. Auch wenn sich sowohl die Imagines als auch die Larven der Echten Laufkäfer in Größe und Aussehen durchaus voneinander unterscheiden, so haben sie doch eine Reihe an Gemeinsamkeiten. Entweder besitzen sie nur Deckflügel und das zweite Flügelpaar, mit dem Käfer normalerweise fliegen, fehlt ihnen oder die Flugmuskulatur des zweiten Flügelpaars ist nur schwach ausgeprägt. Als weitere Gemeinsamkeit lässt sich feststellen, dass es sich bei allen Echten Laufkäfern um Jäger handelt, die sich von Insekten, Würmern oder Schnecken ernähren. Damit sie nicht selbst zur Beute von Vögeln oder insektenfressenden Säugetieren werden, besitzen Echte Laufkäfer die Fähigkeit, aus dem Mund oder dem Hinterleib stinkende Sekrete zur Verteidigung abzusondern. Und schließlich stehen in Deutschland alle Arten der Echten Laufkäfer unter Schutz durch die Bundesartenschutzverordnung. Es sind zwar nicht alle akut gefährdet, aber da Laien bei einer Begegnung mit den Tieren kaum erkennen können, um welche Art es sich handelt, werden sie generell geschützt. Um Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit den Echten Laufkäfern etwas vertrauter zu machen, werden hier sechs in Bayern lebende Arten exemplarisch kurz vorgestellt.
Goldleiste oder Violetter Laufkäfer oder Violettrandiger Laufkäfer (Carabus violaceus)
Die Goldleiste ist ein 22 mm bis 35 mm großer Echter Laufkäfer mit variierender Farb- und Oberflächengestaltung. Der weit verbreitete Käfer bildet eine ganze Reihe von Unterarten, die sich untereinander fruchtbar kreuzen können. Der flugunfähige Käfer ist mit seinen langen Beinen gut an ein Leben auf dem Boden angepasst und kann ziemlich schnell krabbeln. Er lebt sowohl in tiefen Lagen als auch im Gebirge, bevorzugt bewaldetes Gelände und meidet trockene Flächen. Er ist aber auch auf feuchten Wiesen, in Parkanlagen, Gärten oder auf Feldern anzutreffen. Seine Grundfarbe ist glänzend schwarz, Halsschild und Flügeldecken sind fein gerunzelt oder gekörnt. Gesäumt werden Halsschild und Deckflügel von einem rötlich-violetten, bläulichen oder blaugrünen Rand, der namensgebend ist. Sowohl die Imagines als auch die Larven sind dämmerungs- und nachtaktive Jäger, wobei sie es vor allem auf junge Amphibien wie beispielsweise Feuersalamander, auf Schnecken, Spinnen oder Insekten abgesehen haben. Sie lassen sich aber auch Aas und Pilze schmecken. Der Käfer lebt und jagt ausschließlich auf dem Waldboden, tagsüber oder bei Gefahr verkriecht er sich gerne unter Steinen, Hölzern oder Mooskissen. Gegen Feinde kann er ein stinkendes Sekret absondern. Zwischen Juli und Anfang September erfolgt die Eiablage durch die Käferweibchen. Nachdem die Larven geschlüpft sind, häuten sie sich dreimal und überwintern dann, bevor sie sich im Frühjahr des Folgejahres verpuppen. Zur Verpuppung begibt sich die Larve in eine Erdhöhle. Um nicht mit der Feuchtigkeit im Boden in Berührung zu kommen, hat sie auf dem Rücken feste Borsten, auf denen sie wie ein Fakir liegt. Im Mai schlüpfen die Imagines, die sich dann im Herbst wieder fortpflanzen und als ausgewachsene Käfer überwintern. Die weiblichen Tiere legen dann wieder im Sommer ihre Eier ab und der Kreislauf beginnt von neuem.
Schwarzer Grubenlaufkäfer (Carabus variolosus nodulosus)
Der Schwarze Grubenlaufkäfer (Carabus variolosus nodulosus) ist eine mitteleuropäische Unterart des Grubenlaufkäfers (Carabus variolosus), dessen Hauptverbreitungsgebiet heutzutage in Südosteuropa liegt. Einige Autoren vertreten die Ansicht, dass es sich beim Schwarzen Grubenlaufkäfer (Carabus variolosus nodulosus) um eine eigene Art handelt. In Deutschland findet man den einst weit verbreiteten Schwarzen Grubenlaufkäfer nur noch in Teilen Nordrhein-Westfalens und Bayerns. Die bayerischen Käferpopulationen konzentrieren sich auf Niederbayern. Insbesondere in den Leitenwäldern an Donau, Isar und Vilz leben über 50% der bundesweiten Bestände an Schwarzen Grubenlaufkäfern. Die Käferart ist zum Leben und Überleben auf feuchte Laubwälder, Sumpf- und Auwälder, natürliche Bachläufe oder Quellrinnsale mit ausreichend Bruch- und Totholz angewiesen. Trockenlegungsmaßnahmen, Uferverbauungen, Quelleinfassungen und die Entfernung von Totholz nehmen den Käfern die Lebensgrundlage. Da sie nicht fliegen können, ist für sie der Wechsel in ein anderes Gebiet nur schwer bis garnicht möglich. Wird der Lebensraum einer Käferpopulation durch Trockenlegungen oder Wege- und Straßenbau von anderen Käfervorkommen abgeschnitten, kann auch keine genetische Vermischung der Bestände mehr stattfinden. Der Name des Schwarzen Grubenlaufkäfers beschreibt den etwa 3 cm großen Käfer sehr gut. Er ist vollkommen schwarz und glänzt dabei etwas, seine Flügeldecken sind mit kleinen Gruben übersät (was ihm ein runzliges Aussehen verleiht) und er ist flugunfähig, bewegt sich daher per pedes fort. Sowohl der erwachsene Käfer als auch die Käferlarven leben räuberisch. Eine Besonderheit ist, dass sowohl Käfer als auch Larven, obwohl an Land lebend, an Land und im Wasser jagen. Die Käfer nehmen unter ihrer Flügeldecke einen Luftvorrat mit auf ihre Tauchgänge und erbeuten Wasserschnecken, Kleinkrebse, Kaulquappen, Insekten, Larven und selbst kleine Fische. Die Käferlarven jagen bevorzugt die Larven von Wasserkäfern. Als nachtaktiver Jäger verbringt der Käfer den Tag gut versteckt im Totholz abgestorbener Bäume. Dieses Totholz ist nicht nur als Tagesversteck überlebenswichtig für den Schwarzen Grubenlaufkäfer, er benötigt es auch dringend, um darin zu überwintern. Die Käferpaarung und Eiablage erfolgen im Frühjahr, ab Mai sind die Larven aktiv. Die erwachsenen Käfer schlüpfen ab Juli aus der Puppe.
Goldgruben-Laufkäfer oder Gartenlaufkäfer (Carabus hortensis)
Ähnlich wie der Schwarze Grubenlaufkäfer hat auch der Goldgruben-Laufkäfer viele kleine Gruben auf den Flügeldecken, allerdings sind diese Gruben je Flügel dreireihig angeordnet und glänzen metallisch golden, rotgold oder grünlich. Neben den goldgelben Gruben gefällt die Flügeldecke des 22 mm bis 30 mm großen Käfers durch feine Längsstreifen und eine Farbgebung von kupfer- über bronzebraun bis schwarz. Die Flügelform ist langgestreckt und oval, die Flügelränder glänzen in grünen, kupfer-goldenen, blauen oder violetten Farbtönen. Der in weiten Teilen Nord-, Mittel- und Osteuropas verbreitete Käfer lebt in Laub- und Mischwäldern, kommt aber auch in Parkanlagen und in Hecken vor. Man findet ihn sowohl in tiefen als auch in Hochgebirgslagen, insbesondere auf steinigen Böden. Der Goldgruben-Laufkäfer ist ein Jäger der Nacht, der sich von Insekten, Schnecken und Aas ernährt. Der deutsche Name Gartenlaufkäfer ist heutzutage nicht mehr gebräuchlich, da der Goldgruben-Laufkäfer eher ein Bewohner des Waldes ist. In Brehms Tierleben wird er auch als Edelstein-Laufkäfer bezeichnet. Die Käferweibchen legen im Spätsommer oder Herbst ihre Eier ab. Noch im selben Jahr schlüpfen die Käferlarven und überwintern im ersten Larvenstadium. Im Frühling des nächsten Jahres erfolgt die weitere Larvenentwicklung bis hin zur Verpuppung. Zwischen Juni und August schlüpft der fertige Käfer, legt in der heißen Sommerzeit eine Sommerruhe ein und ist dann bis Oktober zu beobachten. Die Imagines überwintern und pflanzen sich im Frühjahr des Folgejahres fort. Nach der nächsten Sommerruhe werden dann im Herbst die Eier der nächsten Generation abgelegt und der Zyklus des Lebens beginnt erneut.
Blauvioletter Waldlaufkäfer oder Kleiner Kettenlaufkäfer (Carabus problematicus)
Mit einer Körperlänge von 20 mm bis 30 mm gehört der Blauviolette Waldlaufkäfer zu den größeren Käferarten in Europa. Seine Farbenpracht macht den Käfer zu etwas Besonderem. Seine Flügeldecken und der Halsschild erscheinen in kräftigen blau-schwarzen, blauen und violetten Farbschattierungen. Die Flügeldecken sind zusätzlich fein gerippt und einige dieser Längsstreifen sehen aus wie die Glieder einer schwach ausgeprägten Kette. Als Raubkäfer ernährt er sich von Insekten, Larven, Schnecken und Würmern, seine bevorzugte Jagdzeit liegt in der Dämmerung. Der Blauviolette Waldlaufkäfer ist noch recht häufig anzutreffen, da er sich an unterschiedliche Lebensräume anpassen kann. Er kommt in Europa insbesondere westlich der Elbe vor, sein Verbreitungsgebiet reicht von den nördlich des Polarkreises liegenden Gebieten Skandinaviens über Mitteleuropa bis Südwesteuropa. Er besiedelt Nadel-, Laub- und Mischwälder, Hecken und trockengefallene Moore vom Hügelland über mittlere und hohe Gebirgslagen bis hin zur alpinen Zwergstrauchgrenze. Vor allem in Hochgebirgslagen bevorzugt er trockene Flächen. Wichtig für den Käfer ist ausreichend Totholz wie Baumstümpfe und umgestürzte Bäume, unter deren loser Borke oder von Moospolstern bedeckten Flächen er sich tagsüber gerne aufhält. Im Gegensatz zu anderen Laufkäfern ist er in der Lage, auf Baumstümpfe und umgestürzte Bäume zu klettern. Aufgrund der großen klimatischen Unterschiede seiner Lebensräume hat er sich auch hinsichtlich seiner Fortpflanzungszeit angepasst. Je nach Temperatur seiner Umgebung überwintert der Käfer entweder als Larve oder als Imago. Am besten kann man den Käfer zwischen Mai und September beobachten.
Zarter Bergwaldlaufkäfer oder Harz-Laufkäfer oder Bergwaldlaufkäfer (Carabus linnei)
Verhältnismäßig häufig anzutreffen und nicht als gefärdet eingestuft, lebt der Zarte Bergwaldlaufkäfer in feuchten Bergwäldern, in Bayern insbesondere im Bayerischen Wald und in den Alpen. Er ist mit 15 mm bis 21 mm eine für Echte Laufkäfer relativ kleine Art. Zu erkennen ist er an seiner flachen Körperform, seinem kupferfarbenen, manchmal grünlich schimmerndem Äußeren, den kleinen Gruben auf den Flügeldecken sowie seinem herzförmigen Halsschild. In seiner Lebensweise unterscheidet er sich nicht von anderen Echten Laufkäfern. Auch er ist ein nachtaktiver Jäger, der sich während des Tages gerne unter der Rinde morscher oder abgestorbener Bäume aufhält, als Imago überwintert und sich im Frühjahr paart.
Dunkelblauer Laufkäfer (Carabus intricatus)
In Europa relativ weit verbreitet, bevorzugt der mit 24 mm bis 36 mm recht große Dunkelblaue Laufkäfer in Deutschland die Gebiete südlich des Mains. Er hält sich überwiegend in mittleren Höhenlagen bis etwa 1500 m auf, in tieferen Gebieten ist er eher selten zu finden. Der Käfer mag es gerne warm und fühlt sich in Buchenwäldern am wohlsten, lebt aber auch in Kiefern- und Fichtenwäldern. Wichtig ist das Vorhandensein von Totholz in Form von Baumstümpfen und morschen Bäumen, damit er sich unter lockerer Rinde oder Moospolstern verstecken kann. Im Gegensatz zu anderen hier beschriebenen Arten jagt der Dunkelblaue Laufkäfer tagsüber, am liebsten Schnecken, Insekten und Larven. Er nascht aber auch von Baumsäften, Fallobst oder Pilzen. Anders als manch anderer Echte Laufkäfer kann der Dunkelblaue Laufkäfer nicht nur am Boden jagen, sondern auch auf Bäumen bis in den Wipfelbereich klettern. Nach der Paarung und Befruchtung der Eier legt das Weibchen diese einzeln oder in geringer Anzahl im Boden ab. Etwa drei Wochen später schlüpfen die Larven, die sich nach zweimaliger Häutung verpuppen. Die Imago schlüpft dann im Sommer, so dass die Käfer meist zwischen Mai und September unterwegs sind. Charakteristisch für ihn ist seine intensive, metallisch glänzende blaue Farbe auf Flügeldecke und Halsschild. Seine Flügeldecke ist mit feinen Längsstreifen überzogen, wobei drei dieser Streifen kettenartig gearbeitet sind. Wie die meisten Echten Laufkäfer kann er nicht fliegen, krabbelt dafür aber bis zu 16 cm in der Sekunde. Der Käfer wird bis zu 4 Jahre alt. Er überwintert als Imago im Totholz und ist dort dann oft in Gruppen zu finden. Fühlt sich der Käfer angegriffen, versprüht er ein stinkendes Verdauungssekret. Auf der Roten Liste gefährdeter Arten gilt er als gefährdet. Vor allem das Entfernen von Totholz aus unseren Wäldern reduziert seinen Lebensraum und gefährdet daher seine Art. Da er nicht fliegen kann, bedeutet Lebensraumverlust das Ende der jeweiligen Käferpopulation.