Schröter (Lucanidae)

Die Schröter sind eine Familie innerhalb der Überfamilie Scarabaeoidea in der taxonomischen Ordnung der Käfer. Schröter gibt es weltweit mit etwa 110 Gattungen und 1300 Arten. In Bayern gibt es, wie in ganz Mitteleuropa, 7 Arten in 6 Gattungen. Eine der Unterfamilien, die Lucaninae, ist in Bayern mit dem Balkenschröter, dem Hirschkäfer sowie dem Großen und dem Kleinen Rehschröter vertreten. Weitere heimische Schröterarten sind Rindenschröter, Kopfhornschröter und Kurzschröter. Ein bei vielen Arten der Schröter ausgeprägtes Merkmal ist der große Unterschied im Erscheinungsbild bei männlichen und weiblichen Tieren, der sogenannte Sexualdimorphismus, insbesondere bei der Größe und Beschaffenheit der Mundwerkzeuge. Alle Schröterarten sind bei der Fortpflanzung auf Totholz angewiesen, in dem sich ihre Larven entwickeln. Eine weitere Gemeinsamkeit der Schröter sind die ausgeprägten und überdimensionierten Oberkiefer bei den männlichen Tieren.

Hirschkäfer (Lucanus cervus)
Der Hirschkäfer ist der größte und bemerkenswerteste Käfer in Europa. Die geweihartig vergrößerten Oberkiefer geben dem Käfer seinen Namen. Seine lateinische Artbezeichnung setzt sich aus lucanus für Waldbewohner und cervus, dem lateinischen Wort für Hirsch, zusammen. Weitere Trivialnamen sind Schröter, Hornschröter oder Feuerschröter. Bereits die Alten Römer kannten und nutzten den Hirschkäfer. Die Larven wurden als Delikatesse gegessen, das „Käfergeweih“ als Amulett getragen.

Männliche Hirschkäfer erreichen eine Größe zwischen 35 mm und 80 mm, Weibchen werden mit 30 mm bis 50 mm deutlich kleiner. Die schwarzbraune Färbung mit braunroten Deckflügeln ist beiden Geschlechtern gemein, genau wie die durch dichte Behaarung gebildeten gelben Stellen an der Vorderseite der Vorderschenkel. Die geweihartigen Oberkiefer der Männchen können bis zur halben Körperlänge vergrößert sein. Die Oberkiefer der weiblichen Tiere sind normal entwickelt, auch haben sie einen schmaleren Kopf als die Männchen. In Zeiten, in denen das Nahrungsangebot sehr schlecht ist, sind die Männchen deutlich kleiner und tragen auch kein „Geweih“. Die Käfer werden dann als forma capreolus oder Hungermännchen bezeichnet.

Hirschkäfer haben sich zu Kulturfolgern entwickelt und sind überwiegend an sonnigen und warmen Plätzen wie sonnenbeschienenen Waldrändern, auf Obstwiesen, in Parks, Gärten oder Alleen in der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juni anzutreffen, insbesondere in der Dämmerung. Die Käfermännchen nutzen ihre stark ausgeprägten Oberkiefer nicht zum Fressen, sondern ausschließlich zum ritualisierten Kampf um Weibchen mit ihren Artgenossen. Sieger ist, wer seinen Kontrahenten auf den Rücken dreht oder vom Ast bzw. Baum schmeißt. Die Verletzung oder gar Tötung des Gegners ist nicht Ziel des Kampfes. Der Sieger darf sich dann zur Belohnung mit einem Weibchen paaren, das ihn mit ihren Pheromonen anlockt. Sowohl der Kampf als auch die Paarung finden zumeist an Stellen statt, an denen der Baum aufgrund einer Verletzung Saft verliert. Nach der Eiablage lebt der Käfer zwischen 3 und 8 Jahren als Larve, bevor er schlüpft und der Kreislauf erneut beginnt. Die erwachsenen männlichen Käfer haben dann eine Lebenserwartung von nur wenigen Wochen, und auch die Weibchen sterben spätestens im Spätsommer.

Die Weibchen ermöglichen den männlichen Käfern überhaupt erst, sich zu ernähren. Sie öffnen mit ihren Mundwerkzeugen die Baumrinde und sorgen so dafür, dass Baumsaft austritt. An diesen Stellen lecken dann nicht nur sie selbst, sondern auch die Mannsbilder. Mit ihren vollkommen überdimensionierten Oberkiefern wären die Männchen dazu alleine nicht in der Lage. Die Leibspeise der Hirschkäfer ist der Saft alter und morscher Eichen. Eichensaft enthält Quercitin, den energiereichen Eichenzucker. Zersetzen Bakterien den Eichenzucker zu Alkohol, so können Hirschkäfer schon mal angetrunken vom Baum fallen.

Gefährlich sind Hirschkäfer trotz ihres martialischen Aussehens nicht, sie können höchstens ein bißchen zwicken, wenn sie in die Hand genommen werden. Bedroht sind sie dagegen schon. Hirschkäfer gelten in Deutschland als stark gefährdet und werden dementsprechend in der Roten Liste geführt. Die größte Gefahr geht für den Käfer vom Verschwinden seines Lebensraums aus, nämlich der Entfernung alter oder abgestorbener Bäume, insbesondere von Eichen und anderen Laubbäumen, aus unseren Wäldern und das Verschwinden von Streuobstwiesen. Eine Waldbewirtschaftung, bei der Totholz oder zumindest Baumstümpfe im Wald verbleiben, würde dem Hirschkäferbestand guttun.

Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus)
Der Balkenschröter, auch als Zwerghirschkäfer bezeichnet, ist ein zwischen 16 mm und 32 mm großer, dunkelbrauner bis mattschwarzer Käfer. Er hat einen auffallend breiten Kopf, der, genau wie Halsschild und Flügeldecke, punktiert ist. Die Flügeldecke ist zusätzlich gerunzelt. Er kann leicht mit weiblichen Hirschkäfern verwechselt werden. Mit seinen starken und scharfen Kiefern vermag der Balkenschröter die menschliche Haut zu verletzen. Die Larven des Balkenschröters erreichen eine Größe zwischen 20 mm und 58 mm und haben eine weißlich-schmutzige Färbung mit grau-rötlichem Hinterleib und einem gelben bis orangebraunen, gewölbten Kopf. Die Larven leben in abgestorbenem Holz.

Der sowohl tag- als auch nachtaktive Käfer ist von Mai bis Juli auf morschem Holz alter oder abgestorbener und umgestürzter Laub- und Obstbäume anzutreffen. Dort hinein legt das Weibchen die Eier, aus denen sich die Larven entwickeln. Nach 2 bis 3 Jahren verpuppen diese sich und im Spätsommer schlüpft der erwachsene Käfer. Er überwintert noch im morschen Holz und fliegt im folgenden Frühjahr dann aus. Balkenschröter ernähren sich von austretenden Baumsäften, wobei ihnen die Säfte von Eiche und Rotbuche besonders gut schmecken.

Der Balkenschröter ist in Bayern überwiegend in Höhen zwischen 370 m und 470 m im nördlichen Steigerwald und im Naturwaldreservat Mittelberg am Juraanstieg in der Oberpfalz zu finden. Auch wenn er noch häufiger auftritt als der Hirschkäfer und nicht als gefährdet gilt, so ist er doch durch das Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Der Balkenschröter spielt im Ökosystem eine durchaus wichtige Rolle, da seine Larven nicht nur Totholz verwerten, sondern auch etlichen anderen Insekten als Nahrung dienen. Ein Populationsrückgang des Balkenschröters gefährdet daher auch den Bestand anderer Insektenarten.

Großer Rehschröter oder Bergwald-Rehschröter (Platycerus caprea) und
Kleiner Rehschröter oder Rehschröter (Platycerus caraboides)
Der Große Rehschröter und der mit ihm leicht zu verwechselnde Kleine Rehschröter sind die einzigen Käfer aus der Gattung Rehschröter (Platycerus), die in Mitteleuropa heimisch sind. Der Große Rehschröter wird zwischen 13 mm und 15 mm lang, der Kleine Rehschröter erreicht eine Größe von 9 mm bis 13 mm. Die Färbung reicht bei beiden Arten von kräftigem Grün hin zu blauen Farbtönen, verbunden mit metallischem Glanz. Für Laien ist eine Unterscheidung der beiden Arten schwierig, Fachleute erkennen hinsichtlich Körperbau, Form des Halsschilds und Punktierung Unterschiede zwischen beiden Arten. Ein wesentlicher Unterschied besteht im bevorzugten Lebensraum. Während der Große Rehschröter in Bayern in den Alpen und dem Bayerischen Wald in Höhenlagen ab 550 m bis 1500 m anzutreffen ist und kühle und feuchte Bedingungen in Laubwäldern, gerne Buchenmischwälder, bevorzugt, findet man den Kleinen Rehschröter in der Regel in Bayern nur in tieferen Lagen von 300 m bis 630 m. Er mag es wärmer als der Große Rehschröter, liebt aber ebenfalls Buchenmischwälder, freut sich aber auch über verbuschte trockene Hanglagen. Wie bei Schrötern üblich, benötigen auch die Larven von Großem und Kleinem Rehschröter morsches Holz für ihre Entwicklung, allerdings sind sie nicht so anspruchsvoll wie andere Arten. Egal ob Bäume, Baumstubben oder Holzpfosten, egal ob der Baum noch steht oder schon liegt, Hauptsache das Holz ist verfault. Auch bei den Baumarten nutzen die Käfer ein breites Spektrum von Buche, Hainbuche, Birke, Linde, Erle, Vogelkirsche, Eiche, Schlehe, Weißdorn und Bergahorn bis zu Tanne und Kiefer. Die Larven entwickeln sich gerne in Gemeinschaft mit dem Birkenporling oder anderen Pilzarten, verbleiben 3 Jahre im Larvenstadium und verpuppen sich im Totholz.

Alle Schröterarten sind in Deutschland durch die Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Der Kopfhornschröter ist eine gefährdete Art, Hirschkäfer und Rindenschröter werden in der bayerischen „Roten Liste“ als stark gefährdet geführt, der Kurzschröter gilt als vom Aussterben bedroht und ist streng geschützt.