Wenn es um Gänse in Deutschland geht, kommt man an der Graugans nicht vorbei. Sie ist die Gänseart, die hierzulande am weitesten verbreitet ist. Die meisten europäischen Hausgänse stammen von der Graugans ab; beide Tiere teilen sich auch den charakteristischen Ruf, das „ga-ga-ga“. Europaweit betrachtet, folgt der Wasservogel in Sachen Population gleich der Kanadagans. Deutschlandweit schätzt man die Population auf 26.000 bis 37.000 Brutpaare.
In Bayern geht man anhand einer Schätzung aus den Jahren 2005 bis 2009 davon aus, dass in dem Bundesland 1.800 bis 3.100 Paare existieren. Auch da man annimmt, dass sich die Graugänse weiter vermehren werden, jagt man sie in den letzten Jahren zunehmend.
Die größte heimische Wildgans
Groß ist bei der Graugans nicht nur die Anzahl der Brutpaare. Unter den heimischen Wildgänsen ist das Tier auch das größte: Es hat eine Gesamtlänge von etwa 76 bis 89 cm und wiegt im Schnitt 3,5 kg. Die Graugans zeichnet sich aus durch helles, grau-braunes Federkleid. Gans und Ganter sind hierbei schwer auseinanderzuhalten. Der Schnabel ist gelblich-orange bishin zu rosa-fleischfarben; ähnlich die Füße mit den Schwimmhäuten.
Die Graugans lebt bzw. brütet an Seen und Flüssen; insbesondere an solchen, die eine reiche Vegetation aufweisen. Sie ernährt sich ausschließlich pflanzlich; junge Triebe und Kräuter-Blätter hat sie beispielsweise sehr gern. Das Nest legt die Gans in einer Mulde an; Daunen und Trockengras dienen als Polsterung und Tarnung. Die Brut beginnt zwischen Mitte März und Ende April. Ein Gelege besteht aus etwa 4 bis 7 Eiern, die weiß bis gelblich gefärbt sind.
Die Brut dauert etwa 28 Tage; während dieser Zeit übernimmt der Ganter die Nest-Wache. Die Küken sind Nestflüchter und schließen sich schnell der Familie an. Vor allem die Gössel sind von Feinden wie Seeadlern bedroht, den ausgewachsenen Tieren können diese aber auch gelegentlich zur Gefahr werden. Hierzulande zählt die Graugans mittlerweile fast überall zu den Standvögeln, was heißt, dass sie im Winter in ihrem Brutgebiet bleibt.
Gleichgeschlechtliche Beziehungen
Ein interessanter Fakt über das Sozialverhalten der Graugänse ist, dass sich viele gleichgeschlechtliche Beziehungen beobachten lassen. Diese finden jedoch nur unter Gantern statt. Und sie sind eher der Notwendigkeit als Neigung geschuldet und man spricht eher von homosozialen als von homosexuellen Beziehungen: Gibt es nämlich zu wenige Weibchen, gehen die Ganter eine Paarung ein, um nicht als „Außenseiter“ dazustehen. Zu diesen Paarungen kann sich auch ein Weibchen dazugesellen.
Auch als Konrad-Lorenz-Gans bekannt
Der österreichische Zoologe Konrad Lorenz (1903 bis 1989) wurde auch als Gänsevater bekannt. Insbesondere durch seine Verhaltensforschung an Graugänsen erlangte er Bekanntheit. Er befasste sich u.a. mit den Phänomenen der Prägung und des Sozialverhaltens. So folgten ihm die frisch geschlüpften Küken nach, da er das erste war, was sie zu Gesicht bekamen.
Konrad Lorenz’ Mitarbeiter stellten zudem fest, dass Graugänse eine sehr ausgeprägte soziale Intelligenz an den Tag legen. In einer Kolonie von Graugänsen, die ca. 100 Tiere umfasst, kennen sich die Wasservögel untereinander sehr gut und wissen über gegenseitige Zu- und Abneigung gut Bescheid.